Federboas, Stöckelschuhe und nackte Hintern: Beim diesjährigen Christopher Street Day gab es in Hamburg wieder ganz schön was zum Gucken. Laut Veranstalter nahmen mehr als 240.000 Menschen an der Parade von St. Georg bis zum Jungfernstieg teil, mit der die LGBTQ+-Szene und ihre Unterstützer alljährlich für mehr Rechte und Gleichberechtigung demonstrieren. Damit konnte der Teilnehmerrekord aus dem vergangenen Jahr noch einmal übertroffen werden.
Gegen 12 Uhr mittags wurde es heiß an der Langen Reihe. Nicht nur, weil die Sonne warm vom wolkenlosen Himmel herab schien. Sondern vor allem, weil sich dort die schrillste Szene der Stadt und tausende Unterstützer versammelten.
Schwule und nichtschwule Dragqueens, Transvestiten, Transsexuelle, Lesben, Heteros und und und – die ganze Bandbreite an sexuellen Orientierungen, die es in der Gesellschaft so gibt. Viele in Schale geschmissen, viele mit Fähnchen und alle vereint in ihrem Eintreten für mehr Respekt und Toleranz.
LGBTQ+ noch immer von Diskriminierung betroffen
„Es wird immer so getan, als ob Homosexualität heutzutage normal und akzeptiert ist in der Gesellschaft“, sagt Teilnehmer Jörg Schmidt (46), der sich mit einer kunterbunten Federboa geschmückt hatte. „Doch das ist nicht so. Ich erlebe viele Anfeindungen. Deshalb ist es wichtig, heute zu zeigen, dass wir viele sind.“ Und der Krankenpfleger Guy Schützing (54) im engen Hängerkleidchen ergänzt: „Trotz der Homo-Ehe gibt es immer noch keine rechtliche Gleichstellung. Beispiel Adoptionen. Da muss noch viel geschehen.“
Mittendrin: Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher
Umso mehr freuten sich die beiden, dass nicht nur Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sich unter die Menge mischte, sondern auch die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), deren Partei weiter hinten mit einem eigenen Wagen von insgesamt 25 Trucks präsent war.
Das diesjährige Motto: „Grundsätzlich gleich - für eine bessere Verfassung“
„Es ist gut, dass hier so viele politische Gruppen dabei sind, denn die Politiker sind gefordert, etwas zu verändern“, so Jörg Schmidt. In eine ähnliche Richtung war in diesem Jahr auch das Motto des CSD formuliert: „Grundsätzlich gleich – für eine bessere Verfassung“. Dabei ging es den Veranstaltern vor allem um die Forderung, die sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität in das Diskriminierungsverbot (Art. 3) im Grundgesetz aufzunehmen.
Anwohner und Passanten feierten mit den Teilnehmern, winkten und freuten sich über die ausgelassene Stimmung und fetzige Musik. Nur ein Rentner aus Kirchsteinbeck, der vor der Kneipe „Frau Möller“ in der Langen Reihe ein Bier zu sich nahm, guckte irritiert. „Das ist nicht meine Welt“, stellte er verbittert fest. „Ist das jetzt eine Mode-Erscheinung, dass so viele schwul sind? Da kann ich nur sagen: armes Deutschland.“
Mit seinen glitzernden Lippen und den aufgeklebten Wimpern kann Travestie-Künstler Lee Jackson bei solchen Aussagen nur eins feststellen: „Es muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.“
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