Helmer lebt allein mit seinem alten Vater auf einem Bauernhof in Zeeland. 50 Kühe, ein paar Schafe, zwei Esel. Nach dem Tod des Bruders ist das alles an ihm hängen geblieben. Jetzt, mit Mitte fünfzig, fasst Helmer den Entschluss, sein eigenes Leben zu beginnen. Er bringt den Vater, der nicht sterben will, ins obere Stockwerk und richtet sich unten neu ein. Doch die ungelebten Träume wird er nicht so ohne Weiteres los.
Helmer ist Mitte fünfzig. Er sieht die Anzeichen des Alters an seinem Körper. Es ist beinahe vorbei. Sein Vater ist in den Achtzigern, ein kleiner, verschrumpelter Vogel, so gut wie tot. So sieht die Zukunft aus. Wenn Helmer etwas an seinem Leben verändern will, dann muss er es jetzt tun.
OBEN IST ES STILL ist eine Geschichte über einen Mann, der sich selbst befreit. Er befreit sich von seinem inneren Selbstbild. Wie sein Vater ihn sieht, wie die Welt ihn sieht, wie er sich selbst sieht – all das wird sich verändern. Helmer muss sich neu erfinden, um zu erkennen, wer er schon immer war. Helmer bringt seinen Vater ‚nach oben‘. Sein Vater wird sterben. Damit Helmer sich der Welt so zeigen kann, wie er wirklich ist. Helmer interessiert sich nicht für Frauen. Er hat das vor allen verschwiegen, auch vor sich selbst. Helmer weiß, dass sein Vater sterben muss, so wie auch sein toter Zwillingsbruder noch einmal sterben muss, um Helmer von seiner erdrü- ckenden Last zu befreien. Von der Last des Zwillingsbruders, der tüchtig und in allem besser war als Helmer. Ein besserer Mann. Ein richtiger Mann.
Das Verhältnis zwischen Helmer und seinem Vater ist bitter und kalt. Zwischen ihnen entwickelt sich im Laufe der Geschichte ein gegenseitiger Respekt. Nach dem Tod ist endlich Raum für Liebe da. Helmer spürt eine Spannung zwischen sich und dem Milchfahrer. Einem Mann in seinem Alter, einem schönen Mann. Helmer weiß nicht, was er fühlt, es macht ihn unruhig. Aber er muss ihn ansehen, durch den Flur der Milchkammer. Helmer weiß nicht, wie er sich dem Milchfahrer nähern soll. Er weiß nicht einmal, ob es das ist, was er tun soll. Ob eine Annäherung richtig wäre. Und dann kommt Henk.
Die gedankenlose Jugendlichkeit von Henk, der naive, offene Charakter des Jungen zwingen Helmer dazu, einen Standpunkt einzunehmen. Henk sucht Wärme, irgendwas bei Helmer, er weiß nicht was, aber er handelt. Henk legt sein Handtuch ab, als er aus der Dusche kommt und lässt sich von Helmer anschauen. Henk steigt im Dunkel der Nacht in Helmers Bett. Helmer wird mitgerissen von Henks Tatkraft. So entdeckt Helmer die Liebe zwischen zwei Männern. Aber Henk ist ein Kind. Er geht fort. Er hat das Leben noch vor sich. Nach dem Tod seines Vaters, nach der brütenden Spannung mit dem Milchfahrer und der unschuldigen Liebe zu Henk hat Helmer seine Entdeckungsreise vollendet .
Der Ausgangspunkt
Stienette Bosklopper und Els Vandevorst schlugen mir vor, das Drehbuch zu OBEN IST ES STILL zu schreiben. Ich hatte Lust darauf. Ich hatte noch nie eine literarische Vorlage für einen Film adaptiert.
Jemand anderes sollte den Film inszenieren. Mein Problem: Was wäre, wenn ich mich während des Schreibens in den Stoff verlieben würde? Ich musste mir die Möglichkeit offen halten, mich auch als Regisseurin für den Film zu bewerben. Aber niemand erwartete das von mir, noch nicht mal ich selbst. Und dann geschah es: ich verliebte mich. Bevor ich mit dem Drehbuch anfangen konnte, musste ich den Roman erst mal sechs Monate lang liegen lassen.
Ich hatte ihn gelesen und fand ihn wunderschön. Aber mir war klar: Sollte daraus ein Film entstehen, müsste ich vieles rausnehmen. Das wagte ich zunächst nicht. Aber Gerbrand Bakker gab mir komplette Freiheit, sein Buch zu adaptieren. Für ihn war der Roman geschrieben und alles Weitere meine Sache. Er las so nebenher meine vielen Drehbuchentwürfe und wir missverstanden uns ständig („Wer ist denn jetzt dieser Geert schon wieder?“ – Geert, Helmer verstorbener Bruder, hieß im Roman Henk, wie der Knecht; ich änderte seinen Namen, damit es keine zwei Henks gab).
Viele Erzählstränge aus dem Roman verschwanden. Ich wollte, dass man vollständiger in ihn, in die Welt seiner Hauptfigur eintaucht. So nah wie möglich an Helmer herankommt, die Welt aus seinen Augen sieht. Ich glaube, dass man im Film weniger erzählen kann als im Roman – jedenfalls, wenn man es so macht wie ich. Aber dass man das Wenige, was man erzählt, greifbarer machen kann, mit Bildern und Tönen. Ein Vorhang, der sich bewegt; eine Hand auf einem Daunenbett; ein Waschmaschine, deren Trommel sich dreht; das ist für mich Helmers Welt.
Es war eine Ehre für mich, einen Film aus diesem Roman heraus zu entwerfen. Und alles zu lernen über Kälber, Düngemittelfabriken, Milchtanks und Männer. Sie sind so schön
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