Soll Homophobie in Zukunft genauso hart geahndet werden wie Rassismus? Darüber sollen die Wähler in der Schweiz heute entscheiden.
Heute findet in der Schweiz ein Referendum über die Ausweitung der sogenannten Anti-Rassismus-Strafnorm statt. Findet sie eine Mehrheit, stehen Hass und Diskriminierung von Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung in der Schweiz künftig unter Strafe. Bereits 2018 sprach sich das Parlament in Bern für die Reform aus. Allerdings wurde das Diskriminierungsmerkmal "Geschlechtsidentität" damals im Verfahren vom Städterat gestrichen.
Gegen die Reform sprechen sich die rechtspopulistische und größtenteils homophobe SVP und die christlich-konservative EDU aus. Sie erzwangen die Volksabstimmung, denn in ihren Augen beschränkt das Vorhaben die Meinungs- und Glaubensfreiheit. Das Gesetz sei "Teil des Plans der LGBT-Bewegung hin zur gleichgeschlechtlichen Ehe", sagt der Genfer SVP-Politiker Eric Bertinat.
Alle wichtigen Parteien außer der SVP, der stärksten Partei im Parlament, unterstützen das Gesetz. Es verbietet, Menschen in der Öffentlichkeit wegen ihrer sexuellen Orientierung zu diskriminieren oder zum Hass gegen sie in Text, Sprache, Bildern oder Gesten aufzustacheln. Homophobe Äußerungen im Familien- oder Freundeskreis würden weiterhin nicht bestraft. Auch kontroverse Debatten über Themen wie die gleichgeschlechtliche Ehe wären nach wie vor möglich, stellte die Regierung klar.
Eine große Zahl queerer Organisationen, politischer Parteien informierten mit der Aktion "Ja zum Schutz" über die Sinnhaftigkeit des Gesetzes. Allerdings gibt es LGBTI-Aktivisten die dies nicht befürworten. Die Gruppe "Sonderrechte Nein!" ist dagegen. Homosexuelle bräuchten keinen besonderen Schutz, argumentiert sie. "Ich kämpfe für die Akzeptanz und Normalisierung meiner Sexualität. Das heißt für mich auch, keine Sonderrechte einzufordern", sagt Michael Frauchiger, einer der Initiatoren der Kampagne und Mitglied der SVP.
Eine andere Stimme vertritt aber auch Schwulen-Aktivist Jean-Pierre Sigrist. Für ihn ist die Reform des Strafrechts, über welche die Schweizer heute abstimmen, längst überfällig. Dann wäre er vor 40 Jahren vielleicht nicht verprügelt worden, sagt der 71-Jährige. "Und die Polizei hätte mich vermutlich auch nicht ausgelacht." Die Gesetzesänderung sei "ein zusätzlicher Schutz gegen Homophobie". Sigrist ist Gründer des Verbands homosexueller Lehrer.
Laut Meinungsumfragen ist eine Mehrheit der Schweizer für das neue Gesetz. Allerdings schrumpfte der Abstand zwischen Befürwortern und Gegnern in den letzten Monaten.
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Die Initiative wurde mit 1`413`609 zu 827`361 Stimmen angenommen
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